#Vorsorge am 01.06.2023

Hitze: Was sie mit dem Körper macht und wie du dich vor ihr schützt

Hitze: Eine junge Frau steht am Strand und cremt sich ihr Gesicht mit Sonnenmilch ein, um sich vor einem Sonnenbrand zu schützen.
Stocksy / Lucas Ottone

Wir sprechen mit der Expertin Dr. Alina Herrmann über die Auswirkungen von Hitze und verraten dir, wie du bei hohen Sommertemperaturen einen kühlen Kopf bewahren kannst.

Der Sommer ist da und bringt uns mit Temperaturen jenseits der 30 Grad mächtig ins Schwitzen. Langanhaltende Hitzewellen verbunden mit extremer Trockenheit sind in Zeiten des Klimawandels auch in unseren Breitengraden keine Seltenheit mehr und bereiten vielen Menschen zunehmend Probleme.

Porträt von Dr. Alina Herrmann
Dr. Alina Herrmann

Dr. Alina Herrmann vom Heidelberger Institut für Global Health ist Expertin im Bereich von Gesundheitsberufen im Spannungsfeld zwischen Klima und Gesundheit. Im Interview erläutert sie unter anderem, wie sich dauerhafte Hitze auf den menschlichen Körper auswirkt, welche Personengruppen besonders gefährdet sind und was getan werden muss, um den Hitzeschutz hierzulande zu verbessern.

Frau Dr. Herrmann, haben wir in Deutschland ein Hitzeproblem?

Man kann durchaus sagen, dass es in Deutschland heißer geworden ist. Zum einen verzeichnen wir einen Anstieg der Durchschnittstemperatur und zum anderen häufen sich vermehrt Wetterextreme, wie zum Beispiel Hitzeereignisse, aber auch Starkregen. Zudem gibt es in den heißen Sommern viele zusätzliche Todesfälle aufgrund von Hitze – man spricht hierbei von der hitzebedingten Übersterblichkeit. Umso wichtiger ist es, dass wir uns als Bürger informieren und schützen. Ebenso müssen Maßnahmen auf politischer Ebene gegen den Klimawandel ergriffen werden.

Bei welcher Temperatur fühlen wir uns denn am wohlsten?

Das ist sehr unterschiedlich und hängt vom Land ab, in dem wir uns befinden. Grund dafür ist, dass sich die Menschen an ein bestimmtes Klima anpassen. Frühzeitige Hitzewellen bei uns im Mai oder Juni fordern zum Beispiel mehr Todesopfer als im August, da dann bereits ein Gewöhnungseffekt eingetreten ist.

Und ab welchen Werten ist unsere absolute Hitzegrenze erreicht?

Rein physiologisch ist es so, dass sich der Körper irgendwann nicht mehr anpassen kann, sobald die Temperatur über 37 Grad steigt. Dabei spielt auch die Luftfeuchtigkeit eine Rolle. Bei hoher Luftfeuchtigkeit macht sich der Abkühlungseffekt durch Schwitzen kaum bemerkbar. In diesem Fall können uns bereits Temperaturen unter 37 Grad an die Belastungsgrenze bringen.

Wie wirkt sich langanhaltende extreme Hitze auf uns aus?

Der Körper versucht bei hohen Temperaturen zunächst, Wärme abzugeben, indem er schwitzt und das Blut eher in die Hautgefäße leitet. Zudem verspüren wir den natürlichen Drang, einen kühleren Ort aufzusuchen.

Bei Menschen mit bestimmten Herzerkrankungen ist die Verschiebung des Blutes in die Haut zum Beispiel nicht so einfach. Denn dies erfordert eine verstärkte Herzleistung – das Herz muss mehr pumpen, um das Blut besser zu verteilen und der Druck in den Gefäßen nimmt ab. Wenn dieser Abwehrmechanismus fehlt, ist die Gefahr, einen Hitzschlag zu erleiden, groß. Zudem kann es durch die hohe Belastung im Extremfall auch zu einem Herzversagen kommen.

Welche Personengruppen sind noch besonders gefährdet?

Älteren Menschen bereitet die Hitze oft Probleme. In Deutschland sind es statistisch gesehen vor allem die über 75-Jährigen, die gefährdet sind. Hier ist ein deutlicher Unterschied zu jüngeren Altersgruppen erkennbar. Das liegt zum einen daran, dass ältere Menschen weniger schwitzen. Dadurch können sie weniger Wärme abgeben. Zum anderen haben sie häufiger Vorerkrankungen, die nicht nur das Herz betreffen – insbesondere Lungenerkrankungen. Die Lunge reagiert sehr sensibel auf Temperaturverschiebungen. Daher kommen zum Beispiel Menschen mit chronischer Bronchitis schlechter mit Hitze klar.

Eine weitere Risikogruppe umfasst Menschen, die kognitiv eingeschränkt sind aufgrund von beispielsweise Demenz. Sie bemerken oft gar nicht, dass es warm ist und können daher ihr Verhalten nicht entsprechend anpassen (zum Beispiel andere Kleidung anziehen, lüften, Trinkmenge anpassen).

Gesund durch heiße Sommer mit dem AOK-Wegweiser Hitze

Vor allem älteren und vorerkrankten Personen macht die zunehmende Hitze im Sommer schwer zu schaffen. Dabei können besonders langanhaltende extreme Temperaturen zu verschiedenen körperlichen Veränderungen und ernstzunehmenden Gesundheitsproblemen führen. Jeder vierte AOK-Versicherte über 65 Jahre ist überdurchschnittlich gefährdet, an heißen Tagen gesundheitliche Probleme zu bekommen und ins Krankenhaus zu müssen. Das hat eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) festgestellt. Mit ein paar einfachen Tipps und Maßnahmen können sich Betroffene jedoch gut auf diese besonderen Bedingungen vorbereiten.

Die AOK-Broschüre „Wegweiser Hitze. Im Alter gesund durch den Sommer“ unterstützt mit wichtigen Informationen und praktischen Ratschlägen für den Alltag zum Schutz vor sommerlicher Hitze. Ein Tischaufsteller, Türanhänger und Notrufnummern bieten eine zusätzliche Hilfestellung. Der 20-seitige Ratgeber ist in jedem AOK-KundenCenter kostenfrei erhältlich. Zudem ist eine digitale Version erhältlich, die du dir unter folgendem Link herunterladen kannst:

Wegweiser Hitze

Welche Folgen für den Körper kann es haben, wenn er zu lange der Hitze ausgesetzt ist?

Ein verlässliches Symptom ist tatsächlich die kognitive Funktion. Unser Gehirn reagiert sehr sensibel auf Hitze. Es können beispielsweise Kopfschmerzen und Schwindel auftreten, aber auch Wortfindungsstörungen und Verhaltensänderungen kommen vor. Manche Menschen können auch aggressiv oder lethargisch werden. Darüber hinaus kann übermäßige Hitze andere körperliche Symptome wie beispielsweise Übelkeit, Schwäche, starkes Schwitzen sowie trockene und gerötete Haut verursachen.

Wie erkennt man einen Hitzschlag und was ist zu tun in diesem Fall?

Ein Hitzschlag ist unter anderem durch folgende Symptome gekennzeichnet: Gerötete, trockene und heiße Haut, Erhöhung der Körpertemperatur, Übelkeit, Kopfschmerzen, Bewusstseinsveränderungen oder gar Bewusstlosigkeit. Dann ist sofortiges Handeln erforderlich. In jedem Fall muss sofort der Notarzt gerufen werden. Denn ein Hitzschlag ist lebensbedrohlich – auch für junge Menschen.

Zeitgleich ist es das Wichtigste, die betroffene Person schnellstmöglich an einen kühlen, schattigen Ort zu bringen oder noch vor Ort abzukühlen. Zum Beispiel mit Kühlpacks (Kühlpacks nicht einfach auf die nackte Haut legen, man kann sie zum Beispiel mit einem Tuch umwickeln) oder feuchten Tüchern vor allem im Nacken, unter den Achseln und in den Leisten. Wenn die Person noch bei Bewusstsein ist, sollte man ihr darüber hinaus natürlich etwas zu trinken anbieten.

Wie kann man sich bei Hitze schützen, wenn nirgendwo Schatten zu finden ist?

In diesem Fall kann man sich zumindest mit einer Kopfbedeckung und lockerer Kleidung aus Leinen oder Baumwolle schützen. Sehr wichtig ist, sich aktiv abzukühlen. Sei es durch Wasser oder auch Wasservernebler. Sofern machbar, kommen auch kühle Arm- und Fußbäder infrage. Zudem ist aufgrund des hohen Wasserverlustes durch Schwitzen das oberste Gebot: Anpassung der Trinkmenge an die hohen Temperaturen (Achtung: bei Vorerkrankungen wie etwa Herzinsuffizienz sollte die empfohlene Trinkmenge mit dem behandelnden Arzt besprochen werden)!

Trinktipps für heiße Sommertage

Im Sommer ist regelmäßiges Trinken besonders wichtig. Denn bei hohen Temperaturen erhöht sich der Flüssigkeitsbedarf. Die tägliche Wasserzufuhr liegt je nach Alter bei circa 30 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht. In diesem Richtwert ist die Wasserzufuhr sowohl durch Getränke als auch durch feste Nahrung enthalten. Bei einem Körpergewicht von 70 Kilogramm entspricht dies einer Empfehlung von 2,1 Liter am Tag. An heißen Tagen sollte die Flüssigkeitsaufnahme gesteigert werden. Auch hier gilt jedoch: Bei gewissen Vorerkrankungen sollte die mögliche Trinkmenge mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.

Damit du im alltäglichen Stress den Griff zum Wasserglas nicht vergisst, haben wir einige hilfreiche Tipps zusammengestellt:

  • Trinke, bevor der Durst kommt. 
  • Trinke etwas, das dir schmeckt und worauf du Lust hast – idealerweise Wasser, Mineralwasser, Fruchtsaftschorle oder Tee (ungesüßt oder nur leicht gesüßt). 
  • Stelle dir zu Hause an verschiedenen Orte Getränke hin. So wirst du immer wieder daran erinnert, zu trinken. 
  • Aromatisiere dein Wasser mit Obst- oder Gemüse, zum Beispiel mit Zitrone oder Gurkenscheiben. Das sorgt für zusätzliche Erfrischung und mehr Geschmack. 
  • Genieße deine Getränke in Zimmertemperatur. 
  • Lasse dich von deinem Handy stündlich ans Trinken erinnern. 
  • Fülle dein leeres Glas sofort wieder neu. 
  • Trinke zu jeder Mahlzeit mindestens ein Glas ganz aus. 
  • Nimm zu Spaziergängen und Ausflügen immer etwas zu trinken mit. 
  • Stelle dir am Morgen zwei Ein-Liter-Flaschen Mineralwasser zum Trinken bereit und prüfe abends, ob diese leer sind. 
  • Verzichte auf Alkohol.  
  • Führe ein Trinkprotokoll – damit kannst du täglich einfach und schnell kontrollieren, ob du ausreichend Flüssigkeit zu dir nimmst.

Wie gut ist Deutschland im Bereich Hitzeschutzmaßnahmen aufgestellt?

Es gibt Empfehlungen von der Weltgesundheitsorganisation zum Einsatz von Hitzeaktionsplänen, die auch für Deutschland angepasst worden sind. Tendenziell sind diese eher auf kommunaler Ebene organisiert. Die meisten Kommunen in Deutschland haben diese Pläne bislang jedoch noch nicht eingeführt. Manche größeren Städte wie Köln oder Mannheim wiederum schon. Bei den Hitzeaktionsplänen geht es um die Vernetzung und Zusammenarbeit unter anderem von Gesundheitsämtern, Krankenhäusern, Kindergärten, Schulen und Verkehrsbetrieben.

Außerdem hat der Deutsche Wetterdienst ein Hitzewarnsystem, das bereits seit 2004 etabliert ist. Allerdings funktioniert die Kommunikation, ab wann eine Hitzesituation als gesundheitsgefährdend zu betrachten ist, noch nicht optimal. Hier besteht Verbesserungsbedarf. Das wäre auch für die Hitzeaktionspläne wichtig. Gerade gefährdete Menschen in Alten- oder Pflegeheimen müssen rechtzeitig informiert werden. Hier müssen die Heime, Kliniken etc. die Verantwortung übernehmen. Auch Maßnahmen wie die Beschattung von Fenstern, richtiges Lüften, Versorgung mit Getränken und aktives Abkühlen sind zudem nötig. Eine flächendeckende Einführung solcher Hitzeaktionspläne ist das erklärte Ziel.

Müssen wir uns in Zukunft auf noch heißere Sommer gefasst machen?

Wir sind weiter dabei, CO2 und andere Treibhausgase auszustoßen, weshalb auch die Temperaturen weiter steigen werden. Zudem müssen wir uns auf noch stärkere Extreme einstellen. Ereignisse wie der „Hitzedom“ in Kanada im Jahr 2021 dürften weltweit häufiger auftreten – auch in Deutschland. Insofern kann ich diesbezüglich leider keine Entwarnung geben.

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